NZZ Online hat geschrieben:NZZ Online, 9. Juni 2005, 10:42
Alles ist gut
Die SBB ziehen Halbjahresbilanz nach dem Fahrplanwechsel
Die SBB haben die Kundenfrequenzen seit dem Fahrplanwechsel vom letzten Dezember deutlich steigern können. Überdurchschnittliche Wachstumsraten gab es insbesondere auf Strecken, auf denen die Reisenden von Fahrplanverbesserungen profitieren konnten. Das Problem von überfüllten Zügen konnte teilweise entschärft werden.
(ubl.) Die SBB scheinen kaum eine Gelegenheit auszulassen, um auf ihre - zweifellos guten - Leistungen seit dem grossen Fahrplanwechsel hinzuweisen. So wurde der heutige Donnerstag [09.06.05] dazu benutzt, um nach einem (knappen) halben Jahr seit dem Fahrplanwechsel vom 12. Dezember 2004 ein weiteres Mal Bilanz zu ziehen.
Überdurchschnittliche Steigerung
Dabei wiesen die Verantwortlichen der SBB gemäss einem Communiqué auf die erfreuliche Entwicklung der Kundenfrequenz hin. Diese hat im Fernverkehr um insgesamt 7,5 Prozent zugenommen. Vor dem Fahrplanwechsel lagen die Wachstumsraten bei 2 bis 4 Prozent. Seit dem Dezember wurde jedoch auch das Angebot markant gesteigert: Es gibt 12 Prozent mehr Züge und 14 Prozent mehr Zugkilometer.
Die Investitionen in die Ausweitung des Angebots haben direkte Auswirkungen auf die Kundenfrequenz. So stieg die Zahl der Reisenden auf den Strecken überdurchschnittlich an, die auch in erhöhtem Mass von Fahrplanverbesserungen profitierten.
Der «Neubaustrecken-Effekt»
Wo der neue Fahrplan keine Angebotsverbesserung brachte, ist das Wachstum nämlich deutlich geringer. Einen eigentlichen «Neubaustrecken-Effekt» gab es hingegen zwischen Zürich und Bern, wo die SBB einen Passagierzuwachs von 12 Prozent verzeichnen konnten.
Nach wie vor sei der Fahrplan sehr stabil, und auch bei der Pünktlichkeit bewege man sich innerhalb der eigenen Vorgaben. So sei das Ziel, dass mindestens 95 Prozent der Züge mit einer Verspätung von maximal fünf Minuten verkehren, bisher immer übertroffen worden. Im April habe dieser Wert auf beinahe 97 Prozent gesteigert werden können.
Es gibt auch Abstriche
Zwar sei die Kundenzufriedenheit gemäss Befragungen sowohl bei Berufspendlern wie auch bei Freizeitreisenden gut. Dennoch: Jeder der regelmässig reist, weiss dass es in gewissen Zügen zu Engpässen beim Platzangebot kommt. Ausserdem ist die Information bei Betriebsstörungen noch zu oft von den internen Möglichkeiten der Bahn oder von den Launen des jeweiligen Zugführers abhängig. Beides wurde von Kunden beanstandet.
Zumindest bei überfüllten Zügen konnten die SBB bereits zu einem gewissen Teil Abhilfe schaffen. In 24 von 36 kritischen Fällen im Fernverkehr sowie in 20 von 35 Fällen im Regionalverkehr seien Lösungen gefunden worden, schreiben die Bahnen. Wo es möglich gewesen sei, hätten die SBB die stark belegten Züge mit leistungsfähigerem Rollmaterial oder Zusatzwagen verstärkt.
Das Kundenverhalten habe ebenfalls zu einer Entspannung der Situation beigetragen. Pendler hätten sich nach einer ersten Phase für den Zug entschieden, der ihren Bedürfnissen am besten entsprochen. Das habe auch zu einer Entlastung gewisser Züge geführt, heisst es in der Mitteilung.
NZZ Online, 9. Juni 2005, 10:42
SBB: Fahrplan "Bahn 2000" kommt gut an (09.06.05)
SBB: Fahrplan "Bahn 2000" kommt gut an (09.06.05)
Eine Bahn, deren größtes Problem nicht die Finanzierung, nicht die Pünktlichkeit, nicht ein dünnes Angebot sondern die Überfüllung von bestimmten Zügen ist... Felix Helvetia - glückliche Schweiz!
Ähnliches Thema, deutlich kritischerer Artikel
Die NZZ (Schweiz) hat geschrieben:12. Juni 2005, NZZ am Sonntag
Die Bahn 2000 steckt im Finanzloch
Einnahmen halten mit Zusatzaufwendungen nicht Schritt - höhere Passagierzahl beruht auf Annahmen
Die SBB stellten diese Woche den Betrieb der Bahn 2000 als grossen Erfolg dar. Dabei sind die Mehreinnahmen gering - und die Mehrausgaben sind hoch. Ein SBB-Finanzcontroller ist alarmiert.
Francesco Benini
Im firmeninternen Informationsblatt der SBB-Betriebsabteilung Personenverkehr schlägt der Finanzcontroller, Nicolas Ecoffey, Alarm. Der Monat März sei mit einer bedeutenden Abweichung gegenüber dem Budget abgeschlossen worden. «Zu hohe Kosten, zu wenig Einnahmen, die Lage muss als sehr ernst angesehen werden», schreibt Ecoffey Anfang Juni. Er weist darauf hin, dass die ganze Division Personenverkehr huste, wenn sich «Operating» - die Betriebsabteilung - erkälte. Diese Abteilung beschäftigt die Hälfte der 11 000 SBB-Angestellten im Personenverkehr und verursacht zwei Drittel der Kosten dieser Division.
Enttäuschende Zahlen
Seit dem Fahrplanwechsel am 12. Dezember 2004 legen 12 Prozent mehr Züge 14 Prozent mehr Zugkilometer zurück. Dadurch erhöhen sich für die SBB auch die Ausgaben erheblich. Der Leiter Personenverkehr, Paul Blumenthal, beziffert allein den Kostenanstieg für die Benützung der Trassees auf 100 Millionen Franken pro Jahr. Das Geld soll durch zusätzliche Passagiere hereingeholt werden, die mehr Fahrausweise lösen. Bisher ist die Entwicklung in dieser Hinsicht enttäuschend - auch wenn SBB-Vertreter vor wenigen Tagen an einer Medienkonferenz das Gegenteil behaupteten.
Mit dem Fahrplanwechsel erhöhten die SBB ihre Tarife im Durchschnitt um 3,5 Prozent. Wenn die Anzahl Bahnpassagiere konstant bleibt, ist davon auszugehen, dass die Einnahmen der SBB in ähnlichem Ausmass ansteigen. Die SBB gaben aber bekannt, dass die Zahl der Passagiere im überregionalen Verkehr seit vergangenem Dezember um nicht weniger als 7,5 Prozent zugenommen habe; zwischen Bern und Zürich seien sogar 11 Prozent mehr Bahnreisende unterwegs. Zu erwarten wäre also ein kräftiger Einnahmenanstieg - es gibt ihn jedoch nicht. Wie Paul Blumenthal, Mitglied der SBB-Geschäftsleitung, auf Anfrage bestätigt, haben die SBB seit dem Fahrplanwechsel 3,7 Prozent Mehreinnahmen registriert. Mit andern Worten: Die Tariferhöhung hat sich bemerkbar gemacht, weitere Zusatzeinnahmen durch mehr verkaufte Fahrausweise sind jedoch vollständig ausgeblieben.
Zu diesem Ergebnis passt die Aussage von SBB-Mediensprecher Roland Binz, wonach die SBB «davon ausgehen, dass Abo-Besitzer mehr Zug fahren». Die höhere Passagierzahl basiert also auf einer Annahme und nicht auf Tatsachen. Es ist möglich, dass die Zahl der Passagiere seit dem Fahrplanwechsel um deutlich weniger als 7,5 Prozent angestiegen ist. Den SBB war nach einem halben Jahr Bahn 2000 daran gelegen, Imagepflege in eigener Sache zu betreiben. Und: Wenn es zutrifft, dass die Besitzer von Abonnementen häufiger Zug fahren, dann nehmen die SBB nicht einen zusätzlichen Franken ein. Nach der Angebotserweiterung steigen also für die SBB die Kosten stark, die Einnahmen hingegen bisher kaum - Alarmrufe wie jene des Finanzcontrollers in der Division Personenverkehr erstaunen da nicht.
Paul Blumenthal spricht denn auch von einer «Durststrecke», die man jetzt zurücklegen müsse. «Das ist eine sehr grosse Herausforderung, aber wir werden sie meistern», sagt er. Die SBB seien davon ausgegangen, dass in den ersten drei Jahren nach dem Start der Bahn 2000 die Kosten stärker ansteigen würden als die Einnahmen. Blumenthal weist darauf hin, dass die SBB die Preise für Jahresabonnemente monatsweise abrechneten und darum die höheren Tarife noch nicht voll zu Buche schlügen. Es gebe hier eine Verzögerung, die das Ergebnis zurzeit schlechter aussehen lasse, als es effektiv sei. «Erst nach einem Jahr profitieren wir im vollen Ausmass von den Preisaufschlägen», sagt Blumenthal. Er betont, dass sich der Bereich Personenverkehr per Ende April insgesamt im Rahmen des Budgets bewegt habe.
«Zu wenig einkassiert»
Diese Aussage liegt im Widerspruch zum Befund des SBB-Finanzcontrollers, der festhält, dass zu wenig einkassiert werde «gegenüber dem, was budgetiert ist». Blumenthal verweist in diesem Zusammenhang auf Wagen der SBB, die zu allzu günstigen Konditionen ins Ausland vermietet worden seien. Dies habe zu einer Budgetunterschreitung geführt, die korrigiert werden müsse. Mit dem Betrieb der Bahn 2000 habe das aber nichts zu tun.
Im Verkehrsdepartement von Bundesrat Leuenberger ist nichts darüber bekannt, dass sich die Bahn 2000 bisher finanziell unter den Erwartungen bewege. «Es besteht für uns im Moment kein Grund zum Eingreifen», sagt Leuenbergers Mediensprecher Hugo Schittenhelm. Das Departement werde aufmerksam verfolgen, wie sich die Bahn 2000 weiterentwickle.
12. Juni 2005, NZZ am Sonntag