Nach einem ausgiebigen Frühstück und dem Packen des Rucksacks checken wir um 12 Uhr aus dem Hotel aus und machen uns auf dem Weg zum Bahnhof. Unser Zug fährt jedoch nicht vom zentrumsnahen Bahnhof Alma-Ata 2 ab, sondern vom am nördlichen Stadtrand gelegenen Bahnhof Alma-Ata 1.
Wir wollen eigentlich mit dem Trolleybus dorthin fahren, aber da macht uns ein Stromausfall in der Oberleitung einen Strich durch die Rechnung. Mit einer anderen Trolleybuslinie, auf der es schon Strom gibt, fahren wir daher zum „Gründen Basar“, von wo wir dann per Marschrutka zum Bahnhof Alma-Ata 1 gelangen, wo wir schliesslich gegen 13:30 ankommen. Bis zur Abfahrt haben wir noch eine Dreiviertelstunde.
Der Bahnhof wird momentan der „Bahnhofsoffensive“ unterzogen:

Von der Strassenseite:

Schalterhalle:

Beim Zugang zum Bahnsteig müssen wir unser Gepäck wiegen lassen. Maximal 35 kg sind als Handgepäck erlaubt, unsere Rucksäcke sind natürlich deutlich leichter und so bekommen wir einen Stempel auf die Rückseite unserer Fahrkarte.
Zug 23KH wird wenig später am Hausbahnsteig zur Abfahrt bereitgestellt. Wie vielerorts in der ehemaligen UdSSR gibt es auch hier Hochbahnsteige, die ein stufenloses Einsteigen ermöglichen:


Der Speisewagen:

Wir können in unseren Plazkartnyj-Waggon (Waggon Nr. 12) einsteigen.
Nochmal unsere Fahrkarte:

Der Fahrplan für die bevorstehende Fahrt bis Tashkent. Zunächst fahren wir mit Zug 23KH in 15 Stunden und 49 Minuten 823 Kilometer weit nach Arys-1. Dort steigen wir am nächsten Morgen in Zug 381EI um, um die letzten 155 Kilometer bis Tashkent in 6 Stunden zurückzulegen, wofür wir dank der Grenzaufenthalte in Sary-Agach und Keles (letzterer Halt ist nicht im Fahrplan enthalten) 6 Stunden und 12 Minuten brauchen werden.
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| Bahnhof | Ankunft | Abfahrt | Zug |
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| Alma-Ata 1 | | 14:14| D 23KH|
| Otar | 16:41| 16:56| |
| Chu | 19:26| 19:46| |
| Lugovaya | 21:39| 21:49| |
| Djambul | 23:49| 0:09| |
| Burnoe | 1:21| 1:24| |
| Tjulkubas | 2:18| 2:33| |
| Mankent | 3:38| 3:43| |
| Chimkent | 4:16| 4:36| |
| Arys 1 | 6:03| | |
| Arys 1 | | 6:53| D 381EI|
| Schagir | 7:29| 7:31| |
| Tschengeldi | 8:16| 8:31| |
| Sary-Agatsh | 10:32| 11:22| |
| Sary-Agatsh(Gr) | | | |
| Taschkent Pass Zentr | 12:05| | |
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Zur Übersicht noch eine Karte mit den bevorstehenden Reiseetappen:

Im Plazkartny-Waggon sind die Abteile nicht zum Gang hin abgetrennt. Ausserdem gibt es auf der anderen Gangseite noch Betten in Längsrichtung. Wir haben drei Betten in einem „Abteil“.
Eigentlich sollten wir um 14:14 abfahren, doch zur planmässigen Abfahrtszeit tut sich vorerst nichts. Wir stehen.
Während wir nun im Waggon sitzen und auf die Abteil warten, beobachten wir, dass hinter dem Bahnhofsgebäude schwarzer Rauch aufsteigt. Das geht eine Weile so dahin, die anderen Fahrgäste beobachten den Rauch ebenfalls interessiert.
Plötzlich macht es dann einen gewaltigen „Klescher“ und eine an Actionfilme erinnernde Stichflamme ist über dem ja nicht gerade niedrigen Bahnhofsgebäude zu sehen. Was da wohl in die Luft gegangen ist?
Wir erfahren es nicht, sind aber jedenfalls froh im Zug zu sitzen. Sorgen bereitet aber die Tatsache, dass unser Zug noch immer nicht fährt. Mittlerweile ist die planmässige Abfahrtszeit schon eine halbe Stunde vorbei. Normalerweise im Urlaub kein Grund zur Aufregung, aber wir fürchten schon um unseren 50-Minuten-Anschluss in Arys.
Schliesslich fahren wir aber dann mit 39 Minuten Verspätung doch noch ab...

Bald nach Alma-Ata wird die Landschaft recht steppenartig.
Durchfahrt durch einen Bahnhof:

Während der Fahrt spazieren allerhand fliegende Händlerinnen durch den Zug und versuchen Textilien und diversen Ramsch an Fahrgäste zu verkaufen. Etliche Fahrgäste nutzen diese Gelegenheit auch, denn im Zug hat man ja Zeit um in Ruhe einzukaufen...
Bei der Ankunft in Otar haben wir unsere Verspätung bereits von 39 auf 25 Minuten reduziert.
Güterzug:

Eine 3er WL-80:

Abfahrt in Otar ist um 17:19 mit +23’. Sieht gut aus für unseren Anschluss...
Weiter geht es durch die kasachische Steppe:

Es folgen ein paar „Zug in Kurve mit Mastenwald“-Fotos:






Kilometer 3833 (von Moskau):


Ein einsamer kleiner Friedhof neben der Bahn:

Unser Zug im Abendlicht unterwegs durch Kasachstan:

Dass ich das so viel aus dem Fenster fotografiere, erregt bei einem mitfahrenden Milizheinzi natürlich Aufsehen. Was ich da fotografiere, möchte er wissen. Ausserdem will er meinen Pass sehen.
Prompt fängt er an, herumzumotzen, weil auf der Ausreisekarte kein Registrierungsstempel ist. Die Zettel, die wir vom Hotel bekommen haben, sind nicht ausreichend meint er.
Er fängt dann schon an, was von Strafe und so zu faseln. Soweit kommt es aber dann nicht, er gibt sich mit einem russischen Prospekt von Graz-Tourismus und einem Kugelschreiber aus Österreich zufrieden....
Im Bahnhof Tschu kann der Zug die Verspätung weiter reduzieren, da der 20minütige Planaufenthalt etwas gekürzt wird. Ankunft mit +17’, Abfahrt mit nur mehr +10’.
Wir steigen dennoch kurz aus und kaufen was zum Trinken und eine Melone.
Hier in Tschu zweigt übrigens nach Norden die Strecke nach Astana ab.
Draussen ist es mittlerweile schon finster und wir unterhalten uns auf der weiteren Fahrt ein bisschen mit unseren Mitreisenden. Die sind völlig fasziniert von unserem Trescher-Reiseführer, denn sie meinen einen im Reiseführer abgebildeten Polizisten persönlich zu kennen!
In Lugovaja (an +6’, ab +4’), wo die Strecke nach Bischkek (Kirgistan) abzweigt, steigen einige Händler mit Unmengen an Gepäck ein, dass sie auf allen noch nicht ganz vollen Gepäckablagen des ganzen Waggons verteilen.
Die Nacht ist dann etwas unruhig. Die Plazkartnyj-Wagen stellen halt doch nicht das Optimum dar, v.a. wenn man etwas länger ist. Mit gut 180 cm bin ich zwar nicht übermässig gross, aber das Bett ist doch etwas zu kurz, sodass die Füsse in den Gang ragen. Wenn da wer beim vorbeigehen anstreift, wache ich natürlich immer auf...
Ich kann übrigens noch ein weiteres zentralasiatisches Land auf meiner Liste abhaken: Nämlich Kirgistan! Die Bahnstrecke verläuft nämlich laut Google-Earth auf knapp 20 km Länge auf der kirgischen Seite der Grenze. Aufenthalt gibt es dort keinen, aber ich kann trotzdem behaupten, mich für ein paar Minuten auf kirgischem Territorium befunden zu haben – und das alles ohne Visum...
Plazkartny-Waggon bei Nacht:

In Tjulkubas (ab um 2:33) ist der Zug pünktlich. In Mankent dann sogar eine Minute verfrüht. Die halbe Stunde von Mankent nach Tschimkent verbringe ich dann am offenen Fenster (nicht in unserem Abteil, sondern neben dem Samowar) stehend und geniesse die Fahrt durch die kasachische Nacht...
In Tschimkent kommen wir mit –3’ an. Es gibt wieder beträchtlichen Fahrgastwechsel, und das obwohl es halb fünf in der Nacht ist...
Nach Tschimkent lege ich mich hin und schlafe noch ein bisschen. Bis Arys sind es ja noch eineinhalb Stunden....
Fortsetzung folgt.