RB Eurasia 27: Ankunft in Alma-Ata

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Helmut Uttenthaler
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RB Eurasia 27: Ankunft in Alma-Ata

Beitrag von Helmut Uttenthaler »

Mittwoch 7. September 2005


Die folgenden Teile des Reiseberichts sind vorwiegend eisenbahnfrei, unser Aufenthalt in und um Alma-Ata war von vielen interessanten off-topic-Aktivitäten geprägt.

Hier beginnt der Zentralasien-Teil meiner Reise:
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Noch aber sind wir im Zug von Urumchi nach Alma-Ata:

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| Bahnhof | Ankunft | Abfahrt | Zug |
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| Usch-Tobe | 00:10| 0:25| |
| Sary-Ozek | 2:30| 2:45| |
| Alma-Ata 1 | 6:30| 6:55| |
| Alma-Ata 2 | 7:15| | |
+-----------------------------------+-----------+-----------+----------+

Kurz nach 6 Uhr wachen wir auf. Der Zug hat die Verspätung von gestern mittlerweile längst eingeholt und so kommen wir pünktlich in Alma-Ata 1 an. Wir fahren aber weiter bis Alma-Ata 2. Erster Bahnhof ist der Durchgangsbahnhof an der Turksibirischen Eisenbahn und liegt etwas ausserhalb der Stadt. Alma-Ata 2 liegt am Endpunkt einer vielleicht 10 Kilometer langen Stichstrecke. Die meisten Züge enden und beginnen dort.

Viele Fahrgäste aus unseren Zug steigen aber trotzdem schon in Alma-Ata 1 aus – darunter auch unsere Freunde von gestern.
Am Bahnhof wird gerade fleissig renoviert bzw. neu gebaut:
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Die ersten Sonnenstrahlen lassen sich blicken:
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Unser Zug wird hier gestürzt. Ein Lokwechsel zahlt sich für die paar Kilometer aber nicht aus, so fahren wir mit Diesel unter Fahrdraht nach Alma-Ata 2. Die Strecke von Alma-Ata Richtung Westen und dann weiter nach Astana wurde erst vor wenigen Jahren elektrifiziert. Von Alma-Ata Richtung Nordosten (also die Strecke, die wir gekommen sind) ist die Turksib noch nicht elektrifiziert.

Alma-Ata zeichnet sich durch eine besondere Lage aus: Nördlich der Stadt breiten sich die unendlichen Weiten der Steppe aus, während im Süden der Stadt das Zailijskij-Alatau--Gebirge bis 5000 Meter in die Höhe ragt.

Hier sind hinter dem Mastenwald die Berge zu erkennen:
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Pünktlich um 7:15 kommen wir am Bahnhof Alma-Ata 2 an:
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Interessant ist, dass die KTZ (Kazakstan Temir Zholy, offizielle Homepage: http://www.railways.kz/default.asp) so viele RIC-Wagen bekommen hat, die zweckentfremdet im Inlandsverkehr fahren:
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Nach dem Aussteigen noch schnell ein Foto vom viersprachigen Zuglaufschild....
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Das mit dem L bei der englischen Version passt noch nicht ganz. Und es fehlt eigentlich noch ujgurisch.

Am Bahnsteig:
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Das Bahnhofsgebäude:
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Im Bahnhof wechseln wir zunächst die noch verbliebene Juan in Tenge um. So sieht das kasachische Geld aus:
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200 kasachische Tenge entsprechen 1,28 Euro. Im Kopf rechne ich dann immer: 200 KZT = 20 ATS. Ein bisschen ein Gefühl für unsere alte Währung habe ich doch noch, das ist praktisch, denn das Im-Kopf-Umrechnen von KZT in ATS ist leichter als in EUR.

Unser Ziel in Alma-Ata ist das Hotel „Kazakhstan“. Nachdem wir mit den Taxifahrpreis von 1200 auf 500 Tenge herunterhandeln können, fahren wir mit dem Taxi dorthin.

Das Hotel ist ein typisches Hotel aus der Sowjetzeit. Wir haben über ÖSG/Ganesha-Reisen in Wien gebucht. Die Buchung eines Hotels war nötig, um die Einladung für das Visum zu bekommen. Ein Visum für einfache Einreise wäre ohne Einladung möglich gewesen, wir aber benötigten ein Visum für zweifache Einreise, welches man nur mit Einladung bekommt. Und die Einladung bekommt man wiederum nur, wenn man ein Hotel bucht.
Es war aber ausreichend, das Hotel für 3 Nächte zu buchen – 2 am Beginn unseres Aufenthaltes in Alma-Ata und eine am Ende. Für die restliche Zeit wollen wir uns etwas günstigeres suchen.
Eine Übernachtung kostet uns immerhin ca. 30 EUR pro Person, was doch deutlich über dem liegt, was man als Backpacker gewohnt ist auszugeben.
Dafür dürfen wir halt in einem „richtigen“ Hotel absteigen. Das Hotel ist immerhin das höchste Gebäude in Alma-Ata. In der Hotellobby und bei der Rezeption kommen wir uns mit unseren Rucksäcken fast etwas deplaziert vor.

Nachdem das formelle erledigt ist, fahren wir mit dem Lift zu unseren Zimmern im 8. Stock. Offiziell hat das Hotel 4 Sterne, das trifft aber nur auf die renovierten und teureren Zimmer zu. Bei unseren Zimmern handelt es sich natürlich um Zimmer mit dem typischen Sowjetflair. Es ist halt alles etwas abgewohnt, aber das macht uns nichts, denn für uns ist das natürlich die luxuriöseste Residenz auf der ganzen Reise.

Interessant sind noch die Hotelkärtchen, die wir bekommen:
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Offenbar handelt es sich noch um Vordrucke aus den 80er-Jahren...

Da wir so früh angekommen sind, bekommen wir auch für den heutigen Tag schon Frühstücksgutscheine. Das lassen wir uns natürlich nicht entgehen und beim ausgezeichneten Frühstücksbuffet schlagen wir ordentlich zu. Der Frühstücksraum befindet sich im obersten Stockwerk, von wo man einen tollen Ausblick auf die umgebenden Berge hat:
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Beim markanten pyramidenartigen Berg im Vordergrund handelt es sich um den nur 20 Kilometer entfernten und 3681 m hohen „Bolshoj Almatinskij Pik“.

Im Gegensatz zum bisherigen Reiseverlauf bleiben wir im Alma-Ata (offizielle Homepage: http://www.almaty.kz/page.php) eine gute Woche. Die Stadt eignet sich nämlich gut als Ausgangspunkt für Ausflüge in die Natur. Wir wollen schliesslich auch etwas mehr von Kasachstan sehen und haben schon etliche Pläne (oben genannter Berg ist da auch enthalten) für die kommenden Tage. Ausserdem ist geplant, dass wir eine Bekannte von mir treffen. Aizhana lebt und studiert schon seit etlichen Jahren in Graz. Die Sommerferien verbringt sie aber meistens in ihrer Heimatstadt Alma-Ata, da ist es natürlich naheliegend sich zu treffen und gemeinsam was zu unternehmen.

Heute schauen wir uns aber erst einmal in der Stadt um. Alma-Ata (bzw. Almaty, wie die Stadt seit 1994 eigentlich offiziell heisst) ist mit 1,2 Mio. Einwohnern die grösste Stadt Kasachstans.
Bis 1997 war Alma-Ata auch die Hauptstadt Kasachstans, die Hauptstadt wurde dann aber nach Astana (vormals Akmola, vormalser Zelinograd) im Norden des Landes verlegt. Nach wie vor ist aber Alma-Ata das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum Kasachstans, wenn auch grosse Anstrengungen unternommen werden, die einstige Steppenkleinstadt Astana mit beachtlichen Investitionen hauptstadtwürdig zu machen.

Alma-Ata fällt sofort durch viel Grün positiv auf. Fast jede Strasse ist eine Allee. Interessant sind auch die kleinen künstlichen Bäche zwischen Fahrbahn und Grünstreifen. Das viele Gründ und das Wasser sorgen so für ein sehr angenehmes Stadtklima.

Wir halten uns beim Stadtspaziergang an die im Central-Asia-Lonelyplanet vorgeschlagene Route.

Akademie der Wissenschaften:
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Wie gesagt, es gibt viele Alleen:
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Auch vor dem ehemaligen kasachischen Parlament gibt es viel Grün:
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Bei unserem Spaziergang kommen wir zufällig an einem Reisebüro mit Fahrkartenverkauf vorbei. Da wir ja für die Weiterfahrt nach Tashkent noch keine Fahrkarten haben, wollen wir hier unser Glück versuchen.

Die Bahnverbindungen zwischen Alma-Ata und Tashkent sind nicht gerade die besten. Mangels Direktverbindungen ist man auf sich eher zufällig ergebende Umsteigeverbindungen angewiesen. Ich habe schon bei der Reiseplanung im April/Mai folgende Variante ausgetüftelt:

Alma-Ata 1 14:14 – Arys 1 6:03 mit Zug 23KH (Alma-Ata – Aktjubinsk, tgl.)
Arys-1 6:53 – Tashkent 12:05 mit Zug 381EI (Ufa – Tashkent, 2x wöchentlich).

„Zufällig“ passte unser Reiseplan mit den Verkehrstagen des 381EI zusammen. Kritisch ist halt nur der 50-Minuten-Anschluss in Arys 1 sowie die Frage, ob im Zug 381EI für Zustieg in Arys überhaupt was buchbar ist.
Auf http://train.mza.ru habe ich gesehen, dass für Arys 1 – Tashkent immer nur sehr kurzfristig einige freie Plätze aufscheinen. Zustieg auf den letzten 150 Kilometern eines Zuglaufes ist doch eher ungewöhnlich und natürlich kommt kein normaler Kasache oder Usbeke auf die Idee, so von Alma-Ata nach Tashkent zu fahren. Wenn man überhaupt nach Tashkent fährt, dann mit dem Zug nach Chimkent und dann mit dem Bus, was gegenüber der Strecke über Arys auch deutlich kürzer ist.
So gern fahren die Kasachen aber offenbar nicht nach Usbekistan. Nach Ansicht der Kasachen (oder zumindest derer, die wir im Zug von Urumchi kennen gelernt haben) herrscht in Usbekistan Krieg und es sei viel zu gefährlich. Ausserdem sei es in Kasachstan auch schön.

Letzteres stimmt natürlich, aber wir lassen uns natürlich nicht von unseren Plänen abbringen. Auch nicht durch die Unruhen, die im Mai 2005 im Fergana-Tal 500 Todesopfer gefordert haben – siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Unruhen_in_Usbekistan
In den Regionen Usbekistans, die wir bereisen wollen, ist es ruhig und die Sicherheitslage für Touristen ist einigermassen unproblematisch.

Aber zurück zum Fahrkartenkauf. Für die Fahrt nach Arys 1 ist Kupe schon ausgebucht, aber für Plazkartnyj bekommen wir problemlos 3 Fahrkarten.
3 deshalb, weil Florian ja übermorgen nach Frankfurt fliegt – für ihn endet die Reise aus beruflichen Gründen hier. Nur mehr die „Studentenfraktion“ in unserer Gruppe kann die weitere Reise nach Usbekistan mitmachen.
Arys – Tashkent ist wie erwartet nicht buchbar, also müssen wir es ein anderes Mal noch mal versuchen. Im schlimmsten Fall müssen wir halt von Arys anderweitig nach Tashkent kommen. Allenfalls per Taxi, denn es ist ja nicht sehr weit – bloss 150 Kilometer.

Nach dem Fahrkartenkauf essen wir bei einem Cafe eine Kleinigkeit und setzen dann unsere Sightseeing-Tour fort. Hauptsehenswürdigkeit der Stadt ist die Auferstehungskathedrale, die sich inmitten des Panfilov-Parkes befindet:
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Im naheliegenden „Zeljenyj bazar“ („Grüner Basar“) schnuppern wir dann schon ein bisschen orientalische Luft.

Anja und Veronika wollen sich dort noch etwas genauer umschauen, Florian und ich schauen noch schnell zur Sultan-Kurgan-Moschee. Sie ist die grösste Moschee Kasachstans und wurde wie alle anderen in Alma-Ata erst in den 1990er-Jahren errichtet:
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Anschliessend geht es mit dem Bus zurück zum Hotel, wo ich in der Nähe noch schnell bei einem Internetcafe vorbeischaue.

Unser Hotel:
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Aizhana hat beim Hotel für uns telefonisch eine Nachricht hinterlassen. Wir haben uns ja keinen konkreten Treffpunkt ausgemacht, sondern nur mal gesagt, wann wir in Alma-Ata ankommen und wo wir übernachten.
Vom Hotel aus rufe ich dann bei der in der Nachricht angegeben Telefonnummer an und wir verabreden uns für 19 Uhr bei der Hotelrezeption.

Irgendwie finde ich es schon lustig, sich so weit entfernt von Graz in einer fremden Stadt mit Bekannten zu treffen – so klein ist die Welt!
Aizhana hat für uns alle schon einen Tisch in einem kasachischen Restaurant reserviert, also fahren wir dorthin. Wie wir das schon aus der Ukraine vom Treffen mit Ira kennen, fahren wir mit einem „Privattaxi“. Soll heissen, man stellt sich auf die Strasse, winkt und das nächstbeste Auto bleibt stehen. Und nachdem der Preis festgelegt ist, geht es auch schon los. Die Tatsache, dass Aizhana hier einheimisch ist, ist dabei natürlich von Vorteil.

Beim Essen unterhalten wir uns dann natürlich lange über dieses und jenes, vor allem über den bisherigen Verlauf unserer Reise und unsere gemeinsamen Aktivitäten in den nächsten Tagen.
Wir lassen es uns gut schmecken und kommen sogar in den Genuss einer Vorführung kasachischer Volkstänze und entprechender Musikuntermalung (wenn auch zeitweise etwas laut...).
Irgendwann fahren wir dann wieder per Privattaxi zurück und setzen uns noch bei der Pizzeria „Venezia“ in der Nähe des Hotels hin und lassen dort bei dem einen oder anderen Bier den Tag ausklingen. Wir vereinbaren schliesslich, dass wir am nächsten Tag gemeinsam Richtung Medeo (im Süden der Stadt, bekannt durch das Eisstadion – siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Medeo) fahren und von dort eine kleine Wanderung Richtung Shymbulak machen.

Fortsetzung folgt.
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