Da unser Fahrer gemeint hat, dass wir am besten schon um 5:30 zum Bahnhof fahren sollen (obwohl der Zug erst um 7:00 fährt und die Fahrzeit zum Bahnhof nur 10 Minuten beträgt), stehen wir schon um 5 Uhr auf. Um 5:30 ist aber von unserem Taxi nichts zu sehen, also ruft unsere Gastgeberin bei ihm an. Schliesslich kommt er dann kurz vor 6 Uhr und wir verabschieden uns von unseren Gastgebern. Leider hatten wir wenig Gelegenheit die Leute näher kennenzulernen, dazu ist der Aufenthalt in Taschkent zu kurz gewesen.
Der Bahnhof im Morgengrauen:

Die Fahrkarte befindet sich in einem schönen Umschlag:




Abfahrt mit Zug 2 am 17.9. um 7:00, Waggon 3, Platz 28. Ankunft in Samarkand um 10:50. Kostenpunkt: 5426 Sum, ca. 3,5 Euro.
Warum das im Reservierungssystem als Plazkartnyj und nicht als Sidatschnyj (Sitzwagen) enthalten ist, weiss ich nicht. Dass dieser Zug normale Sitzwagen hat - und zwar nur solche, wobei es aber offenbar auch eine 1. Klasse gibt – habe ich schon vor der Reise herausgefunden.
Der „Registon“, wie Zug 1/2 heisst, ist der Paradezug der Usbekischen Eisenbahnen. Er ist nach dem Registan-Platz in Samarkand benannt, welcher das Wahrzeichen der Stadt ist.
Der Zug fährt seit 2003 zwischen Taschkent und Samarkand und ist wohl v.a. für Ausflügler gedacht, die mal schnell nach Samarkand wollen. Zumindest fährt er nur am Wochenende (Freitag, Samstag und Sonntag). An den übrigen Tagen gab es lange keine Möglichkeit vor 17 Uhr von Taschkent nach Samarkand zu fahren. Mittelstreckenverkehr ist für die Eisenbahn in Usbekistan ein eher neues Phänomen, dass es in der Sowjetunion anscheinend nicht oder nur sehr eingeschränkt gegeben hat (und zwar nicht nur in Usbekistan, sondern in der ganzen UdSSR). Es gab Langstreckenzüge und Nahverkehr, die man zwar schon für Mittelstrecken nutzen konnte und kann, was aber mit Nachteilen behaftet ist. Wirkliche Intercity-Verkehre entwickeln sich erst langsam, und so ist hier in Usbekistan auch der Bus oder das Sammeltaxi das übliche Verkehrsmittel für derartige Distanzen.
In Usbekistan gibt es erst drei Zugpaare mit IC-Charakter:
- Der „Registon“ als Wochenendausflugsexpress nach Samarkand
- Zug 49/50 als tägliche Tagesrandverbindung Samarkand – Taschkent – Samarkand
- Ganz neu ist Zug 9/10 „Sharq“, der erst wenige Tage vor unserer Ankunft eingeführt wurde und viermal wöchentlich eine schnelle Tagesverbindung nach Buchara bietet.
(Anmerkung: Mittlerweile fährt der „Registon“ 5x wöchentlich und der „Sharq“ täglich, nachdem letzterer 2006 mehr als ein halbes Jahr gar nicht fuhr).
Mit neuen Zügen ist es aber nicht getan, auch die Strecken nach Taschkent wurde elektrifiziert und ausgebaut. Der „Registon“ legt die 353 km nonstop in 3h50min zurück, was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von immerhin 92 km/h entspricht. Wenige Züge in der ehemaligen Sowjetunion kommen auf eine Durchschnittsgeschwindigkeit von mehr als 70 km/h, auf sekundären Strecken und generell in Zentralasien sind es oft nur 40 bis 50 km/h oder noch weniger.
Für den „Registon“ wurden in Tver in Russland neue Waggons gekauft, auch die Loks sind neu, diese kommen aber aus China, wobei allerdings auch Siemens die Finger im Spiel hat.
Eine knappe Stunde vor der Abfahrt steht der Zug schon bereit.
Lok „O’zbekiston 0012“:

Drehgestell der Lok:

Stromabnehmer:

Fabrikschild:

Hinter der Lok befindet sich der Buffetwaggon, dabei handelt es sich um einen umgebauten Ammendorfer Waggon:

Dahinter folgen 5 neue Waggons aus Tver:


Zu so einem Zug gehört natürlich entsprechendes Personal:

Nahaufnahme des Drehgestells...

...und der Tür:

Die Anschriften für die Fahrgäste sind dreisprachig:

Der Bahnhof in Taschkent wird im September 2005 gerade aufwändig modernisiert:

Obwohl es ganz normale Abteilwaggons sind, hat jeder Waggon seine eigene Schaffnerin. Wir steigen ein und pünktlich um 7 Uhr fährt der Zug los. Er ist übrigens ganz gut ausgelastet, in unserem Abteil sind alle Plätze belegt.
Code: Alles auswählen
+-----------------------------------+-----------+-----------+----------+
| Bahnhof | Ankunft | Abfahrt | Zug |
+-----------------------------------+-----------+-----------+----------+
| Taschkent Pass Zentr | | 07:00| D 2FJ|
| Samarkand | 10:50| | |
+-----------------------------------+-----------+-----------+----------+

Nach Chavast verläuft die Strecke für ein paar Kilometer ganz nah an der tadschikischen Grenze. Nach Dzhizak wird die Gegend dann etwas hügeliger und auch trockener:

Während der Fahrt bekommen wir von der Schaffnerin grünen Tee und ein Sandwich serviert, das ist im Fahrpreis inkludiert.
Ein paar Impressionen vom Waggoninneren:
Seitengang:

Tür:

Anzeige mit Geschwindigkeit, Innen- und Aussentemperatur, Uhrzeit, nächster Halt (hier falsch) und WC-Status:

Abteil:

Vor Samarkand stehen wir dann irgendwo ein bisschen, die Ankunft in Samarkand erfolgt dann mit gut 20 Minuten Verspätung.
In Samarkand am Bahnsteig:




Den Resten der Oberleitung am Bahnhofsvorplatz nach zu schliessen, hat es in Samarkand früher einen O-Busbetrieb gegeben. Heute ist der öffentliche Verkehr fest in den Händen privater Liniensammeltaxis:

Das Stadtzentrum ist recht weit vom Bahnhof entfernt, also fahren wir auch mit so einem Gerät Richtung Registan, dem zentralen Platz Samarkands. In Samarkand gibt es laut Lonelyplanet zahlreiche B&Bs (Bed and breakfast) und wir steuern zunächst das Bahodir B&B an, welches sich gleich in der Nähe befindet. Dort weiss man zunächst nicht, ob noch was frei ist und bittet uns aber zunächst mal hereinzukommen und Tee zu trinken. Abwarten und Tee trinken... Im schattigen Innenhof gibt es einen grossen Tisch und wir treffen dort auch einige andere Backpacker aus Frankreich und Deutschland.
Schliesslich stellt sich aber heraus, dass heute doch kein Zimmer frei ist.
Wir machen uns dann auf den Weg zu Bonu-Sh, ein andere B&B-Unterkunft, ebenfalls sehr zentral gelegen. Dort ist auch nichts frei, aber es gibt auch noch einen Hotelbetrieb, der da dazu gehört. Man bietet uns an, dort zum gleichen Preis (8 USD pro Person und Nacht inkl. Frühstück) zu übernachten. Da sagen wir dann natürlich zu und jemand vom Hotel holt uns dann mit dem Auto ab. Das Hotel Bonu-Sh befindet sich auch im Zentrum gegenüber der Bibi-Chanum-Moschee:

Dort bekommen wir ein Doppel- und ein Einzelzimmer. Vor weiteren Aktivitäten rasten wir uns erst mal ein bisschen aus.
Am Nachmittag machen wir dann heute getrenntes Programm. Ich möchte nämlich noch mal beim Bahnhof vorbeischauen. Bevor ich zum Registan spaziere, von wo die Busse zum Bahnhof fahren, schaue ich mir noch die Bibi-Chanum-Moschee an, die eigentlich 1897 eingestürzt ist und erst in letzter Zeit wieder langsam wiederaufgebaut wird:

Die Taschkent-Strasse ist eine Fussgängerzone mit zahlreichen kleinenund führt von hier zum Registan. Was mir hier erstmals (und in den nächsten Tagen noch öfter) auffällt ist, dass die Leute und vor allem die Kinder sehr interessiert an Ausländern sind. Ein paar Mal bin ich einfach auf der Strasse mit Leuten ins Gespräch gekommen und die Kinder möchten andauernd ihre Englischkenntnisse ausprobieren und fragen, ob man sie fotografieren möchte. Dabei ist es nicht so, dass man als Ausländer eine absolut sensationelle Erscheinung ist, gerade hier in Samarkand gibt es recht viele Touristen. Einerseits viele Reisegruppen, andererseits auch zahlreiche Backpacker.
Wie auch immer, so viel Fotos von Einheimischen wie in Usbekistan habe ich in keinem anderen Land meiner Reise gemacht:

In Usbekistan gibt es auch noch Schuluniformen:

Samarkand-Werbung?

Vom Registan-Platz fahre ich dann mit dem Sammeltaxi zum Bahnhof.
Dort gibt es zwei Fahrpläne – einen auf russisch und einen auf usbekisch:


Ganz neu ist Zug 9/10 „Sharq“:

Dieser Zug wurde erst am 5.9., also vor knapp zwei Wochen, eingeführt und fährt vier Mal in der Woche von Taschkent über Samarkand und Navoj nach Buchara.
Neben dem Hausbahnhsteig, auf dem die Garnitur des „Registon“ steht, gibt es noch einen Inselbahnsteig, der über eine Unterführung zu erreichen ist:

Das ist doch eine schöne Lok, oder?

In Samarkand gibt es nur vier Regionalzugpaare. Zwei nach Dzhizak (also auf der Hauptstrecke Richtung Taschkent), eines auf der Strecke nach Karschi und eines nach Buchara.
Letzteres fährt als Nachtzug vom 249 km entfernten Buchara (0:50) nach Samarkand (7:23) und am späten Nachmittag wieder zurück (Samarkand 17:10 – Buchara 23:25). Der Zug besteht aus drei Waggons (1 Kupe, 2 Plazkartnyj) und wird von einer 2TE10 gezogen:




Noch zwei Fotos vom „Registon“:


In Usbekistan gibt es nicht nur schöne Züge...

Die Abfahrt um 17:00 rückt näher – der Fahrdienstleiter ist schon da, um den Abfahrauftrag zu erteilen:


Nach der Abfahrt sehe ich mir den Bahnhof noch genauer an:



Nur mehr die schon recht ramponierte Oberleitung erinnert an den eingestellten O-Bus:



Der öffentliche Verkehr wird nun zur Gänze mit solchen Minibussen bewältigt:

Ich fahre zurück ins Zentrum, steige aber schon etwas vor dem „Registan“ aus, um zu Fuss noch ein paar Sehenswürdigkeiten abzuklappern.
An Amir Timur (siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Timur_Lang) kommt man heute in Usbekistan kaum vorbei... Amir Timur Statue in Samarkand:

Auch hier wieder ein paar usbekische Kinder – manche Fingerzeichen sind weltweit verständlich, wenn auch hier eher als Spass gemeint ;-)

Guri Amir Mausoleum:


Sher-Dor-Medrese am Registan:

Dann gehe ich zurück zum Hotel. Da Veronika und Anja noch nicht da sind, spaziere ich noch mal zum Registon und mache ein paar Nachtfotos:

Wieder zurück beim Hotel treffe ich nun Veronika und Anja. Während ich am Bahnhof war, haben die beiden den Basar unsicher gemacht...
Ich erzähle u.a. von der neu entdeckten Zugverbindung nach Buchara, welche ich gerne benützen würde. Ursprünglich wollten wir ja mit dem Nachtzug Taschkent – Buchara fahren, der in Samarkand um 2 Uhr nachts einen Zwischenstopp einlegt.
Es stellt sich aber heraus, dass die zwei nicht bis Montagnachmittag warten wollen, sondern schon in der Nacht auf Montag nach Buchara fahren wollen. Aber das ist kein Problem, wir treffen uns dann halt am Dienstagabend in Buchara wieder.
Die Mädels erzählen weiters, dass wir morgen bei einer usbekischen Familie zum Essen eingeladen seien. Kinder hätten sie auf der Strasse angesprochen und dann gleich zum Mitkommen ins Haus bewegt. Dort ist dann irgendwie diese Einladung zum Essen (Plov) zustande gekommen, wobei wir aber die Kosten für den Einkauf übernommen haben. Für eine normale usbekische Familie ist Fleisch ein ziemlicher Luxus.
Auf jeden Fall verspricht das ein interessanter Tag zu werden!